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Gorilla Club
Ok Cool!
LP + Digital

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Details

Gorilla Club wurde als Kindermusik-Inkarnation der Kölner Indiepop-Institution Locas In Love um Stefanie Schrank und Björn Sonnenberg gegründet. Das 2018 erschienene Debutalbum „1-2-3-4!“ ist eine abgefahrene und liebenswerte Sammlung von Liedern, die einen Nerv bei Kindern und Eltern traf. In ihren Songs und bei Konzerten begegnen Gorilla Club Kindern auf Augenhöhe, ein bisschen wie coole große Geschwister mit E-Gitarren, Synthesizern und einem lauten Schlagzeug – und sie lassen dabei Kategorien wie 'für Kinder' oder 'für Erwachsene' komplett hinter sich.

Die 13 Songs auf dem neuen Album „OK COOL!“ entstanden alle im ersten Jahr der Corona-Pandemie von Frühling 2020 bis Anfang 2021. Neue Musik zu produzieren wurde für die in ihren Aktivitäten fast vollständig eingeschränkte Band Trost, Vergnügen, Begegnungs- und Bewältigungsstrategie – wozu sie nun auch alle anderen einladen.

Es ist ein tröstliches Album geworden, eines, das gleichzeitig umarmt und Radau macht. Die Gorillas bleiben ihrer Haltung treu: sie bieten kein Animationsprogramm für Kinder, sondern ungewöhnliche Popsongs, die mit Kindern ins Gespräch treten. Das tun sie mal auf absurde, mal auf nerdige, mal auf jubilierende, mal auf introvertierte Weise, beginnend bei einem Sachbuch-Groove-Song über Kraken und gipfelnd in einem in sieben verschiedenen Sprachen vorgetragenen Schlaflied. Dazwischen bescheren Gorilla Club ihren Fans melodieverliebt und spielfreudig Geschichten über Essen, Streit, Tiere, Städte, Erinnerungen, Filme und Freundschaft, begleitet von Gästen aus befreundeten Bands wie u.a. Arab Strap, Die Nerven, International Music, Jenobi, AnnenMayKantereit, Klee oder Die Höchste Eisenbahn. (Nicht-nur-)Kindermusik-Album des Jahres!


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Über Kindermusik

von Eric Pfeil


Gute Musik ist Kindermusik. Wann immer es irgendwo in Albumrezensionen oder Artikeln heißt, jemand habe, „eine erwachsene Platte“ gemacht, greife ich zum Staubsauger.

Musikmachen hat seinem Wesen nach nichts Erwachsenes. Das gilt auch für Johann Sebastian Bach, Laibach oder ein „Scheidungsalbum“ von Bob Dylan. Ganz gleich, wie sehr man die Musik zu seinem Beruf macht, sich damit wichtigtut oder übertriebene Ernsthaftigkeit walten lässt, am Ende ist es Kinderkram. Oder besser: sollte es sein. Fehlt diese Ebene aber, dann: Staubsauger. Oder irgendetwas anderes Lautes.

Musik ist Spielen. Ausprobieren, sich im Dreck wälzen, auf die Herdplatte fassen, die Kleider der Eltern anziehen, Grenzen austesten. „Musik ist der edelste Ausdruck der kindlichen Seele“, schrieb der italienische Philosoph Alberto Secchiaroli 1849. Er schrieb das natürlich nicht, denn es gibt Alberto Secchiaroli gar nicht, ich habe ihn mir ausgedacht, so wie sich Kinder imaginäre Freunde ausdenken. Man sollte nie damit aufhören, sich imaginäre Freunde auszudenken. Genauso ist es mit der Musik. Wer aufhört, Musik ernst zu nehmen, hat es geschafft: Er oder sie ist erwachsen geworden. Herzlichen Glückwunsch.

Umgekehrt kann Musik, die gezielt für Kinder gemacht wird (die also Kinderthemen ernst nimmt), auch einem Erwachsenen den Sonntag retten. Und so höre ich heute, an einem ansonsten elend erwachsenen Sonntag, das neue Album des Gorilla Club – dieser Band, die unter dem Namen Locas in Love die komplexen Daseinsverhedderungen vermeintlich Erwachsener thematisiert und auch dabei das auf-die-Herdplatte-fassen nie verlernt hat.

Ich höre zum Beispiel „Fotos“, diesen Herzensbrecher von einem Popsong, der vom Hereindonnern der Erinnerung ins Kinderleben erzählt, letztlich also vom Unschuldsverlust. „Kann es sein, dass wir mal andere waren?“, singt die Band. Das selbstvergessene Im-Moment-sein gehört ab sofort der Vergangenheit an.

Ich höre „Penaten“, die Aneignung von „She Don’t Use Jelly“ von den Flaming Lips, auch so eine Kinderband – vielleicht ja DIE Kinderband – und muss lächeln, weil es hier tatsächlich zusammenkommt: alberne nursery rhymes und der Electric Kool-Aid Acid Test. Das kann nur Pop. Pop, wenn er von echten Kindsköpfen gemacht wird. Und wo wir schon dabei sind: Bei „Oh Gomi“ ist dem Gorilla Club die musikalische Entsprechung zu einem LSD-Lolli gelungen. Vielleicht muss, wer Kind bleibt, ja nie zu Drogen greifen. Oder nicht so oft.

Ich höre das Nachtentdeckungslied „Mitternacht“, das von zermürbenden Kabbeleien erzählende „Streit“ und das tröstliche „Versuch’s noch einmal“. Am Ende stehen zwei Erkenntnisse. Erstens: Das hier ist die beste Indie-Pop-Platte seit etlichen Kindergeburtstagen. Und zweitens: Es ändert sich letztlich gar nichts, wenn man erwachsen ist: Lange aufbleiben ist immer noch das Tollste. Streit mit Leuten, die man liebt, ist zermürbender als alles andere. Und das mit dem Scheitern und dem Es-nochmal-versuchen lernt man vielleicht nie. Nicht schlimm, solange der Gorilla Club vorbeikommt, einem wieder auf die Beine hilft, und sagt: „Versuch’s noch einmal / Du musst es nicht besser machen / Und auch nicht anders machen / Eigentlich musst du gar nichts“.



Eric Pfeil ist Autor, leitet die Band Die Realität und veröffentlichte zuletzt "Azzurro: Mit 100 Songs durch Italien" (Kiepenheuer & Witsch, 2022).

Zusatzinformation

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Artikelart LP + Digital
Künstler Gorilla Club
Label staatsakt
Ersch.-datum 02.12.2022
Zustand Neuware
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